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Hoarfrost – interview for the magazine Necroweb

Einleitung zu HOARFROST Ein wahrhaftes Endzeitszenario hat uns HOARFROST erschaffen. Wer einen tiefen Einblick in die Welt von „Ground Zero” haben möchte und was den Künstler dazu bewegte, ein solch lebensverneinendes Monstrum zu erstellen, das und noch vieles mehr könnt ihr hier erfahren. Wer mag, der sollte mir folgen …
NecroWeb: „Ground Zero” klingt bedrohlich und versprüht eine ziemlich negative Aura. Was war der Grund, ein solches Album zu veröffentlichen? 

Rafal: Es war nicht die Folge eines Ereignisses. „Ground Zero” ist vielmer eine klangliche Beschreibung einer Apokalypse, die in der heutigen Welt passieren kann. Jeder kann Zeuge davon werden. Heute kann man technologische Entwicklung und daraus resultierende Kräfte beobachten, aber diese Kräfte sind ebenso wie die Elemente schwer zu kontrollieren. Der Mensch steht der Vernichtung hilflos gegenüber und „Ground Zero” berichtet darüber.

NecroWeb: Die Klanglandschaften wirken mitunter recht minimal, aber auch ebenso intensiv. Wie hast du dich dem Werk genähert? 

Rafal: Es war ein Resultat meiner Konzeption des Albums. „Ground Zero” ist die brutale Kollision eines Menschen und der Vernichtung der Welt, in der er lebt. Da gibt es keinen Platz für melodische Songs. Die Apokalypse befreit des Menschen primitivste Instinkte, ringsherum ist nur Zerstörung, ohne die die Musik etwas Schönes wäre. Wenn wir über meine Arbeitsmethode reden, dann kann ich dir sagen, dass es immer die gleiche ist: die Umrisse meines Albums entstehen in meinem Kopf, woraufhin ich versuche, meine Konzepte in den Klängen weiter auszudrücken. Normalerweise schreibe ich mehr Kompositionen, habe für dieses Album aber nur die besten verwendet.

NecroWeb: Unruhen und Zerstörung prägen unsere heutige Welt. Wolltest du jene Problematik schon immer aufgreifen? 

Rafal: Da hast du Recht. Die Inspiration für die Musik von Hoarfrost ist eine Atmosphäre der Vernichtung und die Schwachstellen des Menschen in der heutigen Welt. Es ist keine neue Sache für mich, denn in meiner ehemaligen Schaffensphase – Rockmusik und Poesie – ist Inspiration immer wie ein Mann zu verstehen, der unter verschiedenen Bedingungen und Situationen seines Lebens inhaftiert ist. Der Kampf, die Hilflosigkeit, die Zerstörung und Reaktionen, die ihn begleiten, sind faszinierend.

NecroWeb: Wer hatte die Idee zum Videoclip „From Here To Ruins”? 

Rafal: Das war meine Idee. Ich denke, dass diese Art der Musik das Bild auf den Hörer in der richtigen Weise beeinflußt. Das Video wurde auf einer alten Zementfabrik aufgenommen, deren Ruine bald, wie viele andere Fabriken in meiner Region auch, verfällt. Ich möchte in dem Videoclip die strenge Landschaft nach der Katastrophe zeigen, die konkrete Wüste, den Ort, wo nichts anderes als die Trauer ist. Du musst wissen, dass schon vorher eine Welt da war, aber das kannst du dir nicht vorstellen, denn die einzige Spur auf Leben, die hinterlassen wurde, ist ein Kerl mit einem Camcorder und Ratten. In dieser Art von Umgebung wirst du verstehen, was die Apokalypse bedeutet.

NecroWeb: „Ground Zero” ist deine erste offizielle Veröffentlichung. Wie sind die Reaktionen anderer Musiker und Magazine?

 
Rafal: Ich erhalte viele schmeichelhafte Meinungen. Das Bewusstsein, dass die Menschen meine Kunst verstehen und sich mit meiner Botschaft identifizieren, ist sehr wichtig. Aber die Tatsache, dass „Ground Zero” eine gute Presse bekommt, ist auch ein Verdienst der Zusammenarbeit mit dem Label Zoharum. Die Jungs machen eine gute Promotion und attraktive Editionen. Das Cover mit der Aufnahme von Preatorian Fotos ist beeindruckend. Auch „Decline”, in Zusammenarbeit mit Inner Vision Laboratory geschrieben, wurde von Zoharum freigegeben und ich bin sehr froh darüber. Ich hoffe, dass unsere Zusammenarbeit auch in Zukunft so gut sein wird wie heute.

NecroWeb: Erstellst du deine Songs nach bestimmten Orten oder Ideen, oder sind diese das Ergebnis von Experimenten? Oder bedarf es da eines bestimmten Gefühls? Erzähl uns doch mal darüber. 

Rafal: Die Inspiration findet man überall. Manchmal ist es ein Film, manchmal ein Buch und manchmal Nachrichten in Zeitung oder Fernsehen. Ich habe oft Musik aus innerer Notwendigkeit gemacht, wenn ich etwas brauchte, um mich der unwirklichen Welt zu verschließen und um ohne Worte zu agieren. Ich denke, jeder will manchmal etwas für seine Selbstverwirklichung tun. Wir erhalten und verarbeiten Informationen, die uns zutiefst berühren. Jeder hat dabei seine eigene Art und Weise der Freiheit seiner Emotionen, mein Weg ist die Musik.

NecroWeb: Welche Art von Ausrüstung benutzt du? 

Rafal: In der Musik ist die Vision wichtiger als die Ausstattung. Die Musik erscheint in meinem Kopf und die Ausrüstung ist nur ein Werkzeug zur Umsetzung. Selbst das beste Equipment wird den Menschen nicht ersetzen. Die großen Alben erscheinen ohne moderne technische Wunder. Ich benutze nichts Außergewöhnliches, zum Beispiel Mini-Discs zu Außenaufnahmen. Alles kann als Instrument benutzt werden. Das Wichtigste aber ist, nach dem passenden Klang zu suchen. Selbst die einfachsten Dinge oder Orte können interessant klingen. Wenn du mich über richtige Instrumente fragst, ich benutze Gitarren mit vielen unterschiedlichen Effekten und mache den Rest mit dem Computer. Heute ist das ein Standard bei der Erschaffung von Musik.

NecroWeb: Ist es möglich, geeignete Klänge über den Computer zu erstellen, die den gleichen Klang wie den in einer natürlichen Umgebung, wie tiefe Höhlen oder Echolot, ausmachen? 

Rafal: Es ist abhängig davon, welche Wirkung und Ästhetik man erwartet, dies wird immer strittig bleiben. Ein digitaler Ton ersetzt nie einen analogen Klang, so wie eine CD nie eine Scheibe. Aber alles hängt auch vom Charakter der Musik und der Absicht des Autors ab. Die Imitationen vom Computer aus sind manchmal einfach zu schwach, aber es hängt wie gesagt von vielen Faktoren ab. Auf der anderen Seite sind Feldaufnahmen ja Computerverarbeitungen, das ist heute eine ganz normale Sache.

NecroWeb: Einige Leute sehen in der Kunst dieser Musik eine gute Möglichkeit, versteckte Emotionen freizulassen. Wie denkst du darüber?

 
Rafal: Ich bin vollkommen einverstanden mit dieser Aussage. Genau wie ich sagte, ist dies einer der mächtigen Faktoren von Hoarfrost. Diese Musik stützt sich auf die Emotionen der Zuhörer, als auch die Emotionen der Urheber. Wenn du irgendeine Art von Musik machst, dann sendest du damit auch dem Hörer eine Art von Emotionen. Das Wichtigste für den Autor sollte Gefühl und Verstand seiner eigenen Botschaft sein, wohl darauf bedacht, jeden Zuhörer für die verschiedene Musik zu erreichen, eben je nach Stimmung. Die Musik und der Sound begleiten jeden von uns und sind voll von Emotionen.

NecroWeb: Birgt Ambient einen unbegrenzten Stil? War macht diese Musik deiner Meinung nach so interessant? 

Rafal: Brian Eno, ein Klassiker des Ambient, sagte: „Es gibt keine Stille, alles ist Musik”. Ich möchte dennoch hinzufügen, dass vom Ambient leider oft kaum Notiz genommen wird. Ambient ist geheimnisvoller und weniger bekannt als andere Genres der Musik. Ambient erzählt von den dunklen Seiten des Lebens und ist somit nicht sehr optimistisch, schafft aber einen Raum der Klänge, lockt Zuhörer und Verschlossene in seine Welt, erschafft Harmonien und Disharmonien, die auf die ein oder andere Art unsere Sinne beeinflussen. Ambient ist der, nennen wir es mal „Background” für unsere Gedanken.

NecroWeb: Wie ist deine Meinung über Death Industrial und der Tatsache, dass dieser Musikstil leider recht wenig bekannt ist?

Rafal: Ich mag sehr die alten Projekte, vor allem Brighter Death Now, aber auch Atrax Morge, Genocide Organ und ein paar andere Künstler. Ich schätze die Kreativität von Marco Corbelli und viele Künstler, die ihre Musik auf seinem Label Slaughter Productions veröffentlichen. Meiner Meinung nach sind dies große, inspirierende Projekte. Ihre Musik ist wie ein Kick, zwingt zum Nachdenken. Warum ist diese Musik wenig bekannt? Ambient, Industrial oder Noise ist etwas für Leute, die unterschiedliche Emotionen und ästhetisch etwas anderes als die breite Masse suchen. Wir leben in einer Konsumzeit und nicht viele Leute nehmen sich letztere, um sich selbst zu finden. Man konzentriert sich vielmehr lieber auf Klänge, die von den Medien gefördert werden. Ich denke das ist der Grund, warum Ambient, Industrial oder Noise und viele andere Genres nicht so populär sind.

NecroWeb: Polen hat eine großartige Musikszene und ebenso gute Labels. Wie siehst du diese Entwicklung? 

Rafal: Polen braucht sich mit seiner dunklen Musikszene absolut nicht zu schämen, nicht nur im Bezug zum Ambient, sondern auch bei Metal. Immer mehr professionelle Labels erscheinen hier, viele interessante Projekte veröffentlichen CD’s in diesem Land und auch im Ausland. Es gibt auch gute Festivals hier, zum Beispiel das Wroclaw Industrial Festival, das Menschen aus ganz Europa anzieht. Etwas schlechter läuft es da bei kleineren Konzerten, aber zum Glück können wir einen Fortschritt auch in diesem Punkt bemerken. Die polnische Szene entwickelt sich noch, und das ist das Wichtigste.

NecroWeb: Was ist der nächste Schritt in deiner Entwicklung? Gibt es Ideen für die Zukunft von HOARFROST? 

Rafal: Ich habe viele Pläne, die ich Schritt für Schritt verwirklichen werde. Im Moment bin ich bei der Fertigstellung von meinem Konzert-Album „Last Message … ” das gerade, dank Exploratory Drilling Production, in einer limitierten Auflage erscheint. Es ist Material, das Live im Oaks Studio aufgenommen wurde, im irischen Enniskillen. Ich arbeite auch an einem neuen Album, das auf Zoharum noch in diesem Jahr erscheinen sollte. Die Musik muss sich weiterentwickeln, so wird es die ständige Amplifikation meiner Idee sein, die ich zu Hoarfrost habe. Erwartet den nächsten Teil der Zerstörung.

NecroWeb: Und hier noch fix ein paar Schnellschussfragen:
NecroWeb: Was wäre die größte Herausforderung in deinem Leben?

Rafal: Einfach vor sich hin zu leben und nichts zu bereuen.

NecroWeb: Was beeinflusst dich musikalischerseits?

 
Rafal: Alles um mich herum.

NecroWeb: Welche Musik hörst du momentan und was hörst du eigentlich normalerweise? 

Rafal: Es sind verschiedene Genres, von Poesie bis Black Metal. Es hängt vom Moment und der entsprechenden Stimmung ab

NecroWeb: Du hattest einen schlechten Tag. Was tust du dagegen? 

Rafal: Jede Menge Zigaretten und Bier wirken am besten in der Einsamkeit.

NecroWeb: Deine Meinung zu Religion? 

Rafal: Ich bin Atheist. Aber wenn ich nach Gott streben würde, dann würde ich mit der Suche beim Menschen beginnen.

NecroWeb: Wie ist deine Meinung zu folgenden Bands: 

Megaptera, Rafal: Ein bemerkenswertes Projekt und absoluter Genreklassiker. Troum, Rafal: Nostalgische und halluzinöse Klanglandschaften (wir waren vor einiger Zeit auf dem gleichen Label). Cold Fusion, Rafal: Eines der ersten polnischen Projekte, welches ich hörte. Auch heute noch überkommt mich da ein großes, sentimentales Gefühl.

NecroWeb: Zu welcher Zeit beginnt dein Tag? 

Rafal: Um 5:45 Uhr geht’s zur Arbeit

NecroWeb: Vielen Dank für dieses Interview. Hast du letzte Worte für unsere Leser? 

Rafal: Achte auf dein inneres Selbst, Musik ist wie das Meer- alles was du tun mußt ist eintauchen und etwas Faszinierendes herausfischen. Danke für das Interesse an Hoarfrost und dieses interessante Gespräch. Seid willkommen auf meiner Website: www.hoarfrost.darknation.eu und beste Grüße an alle NecroWeb Leser.

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